Lois Hechenblaikner geht es um die Sehnsüchte, die auf Urlaub und Freizeit projiziert werden. Er erforscht, wie der Tourismus zu einer maßlosen Unterhaltungs- und Sinnstiftungsindustrie wurde und was das für die Regionen bedeutet, in denen er sich abspielt.
Nachdem er fast zwei Jahrzehnte lang in vielen Ländern Asiens als Reisefotograf tätig war, kehrte er Mitte der 1990er Jahre in seine Heimat, nach Tirol, zurück. Seither ist der tourismusbedingte Wandel der dortigen Landschaft und dessen Folgen für die Menschen sein großes Thema geworden.
So schreibt das Kunsthaus Zürich im Katalog zur Ausstellung „In den Alpen“ (2006) über Lois Hechenblaikner: „Die intime Kenntnis seines Gegenstandes, die große Ausdauer und Geduld, mit der er verfolgt, wie Eventkultur und Massentourismus das ehemalige Bergbauernland verschandelt haben, machen ihn zum ausdrucksstärksten Dokumentaristen heutiger alpiner Realität. Sarkasmus, Melancholie, Resignation, Protest und Polemik vermengen sich in seinem Werk zu einem frappierenden Panorama der Tiroler Wirklichkeit“.
In seiner Serie Gegenüberstellungen setzte
Lois Hechenblaikner neben archivierten Schwarzweißfotografien aus den 1930er und 1960er Jahren Farbbilder, die er selbst fotografiert hat. Die unterschiedlichen Entstehungszeiten der Bilder sind damit bereits auf den ersten Blick erkennbar und auch das Thema:
Lois Hechenblaikner geht es darum sichtbar zu machen, wie sich eine Alpenregion innerhalb von nur zwei Generationen verändert hat. Darüber hinaus besteht Hechenblaikners besondere Fähigkeit darin, in jeder Gegenüberstellung zwei formal analoge Szenerien aufeinander zu beziehen. So empfindet man seine Pendants als geradezu unheimlich, da die entdeckten Ähnlichkeiten so stark sind.
In seiner gesamten Arbeit geht es
Lois Hechenblaikner darum solche Kehrseiten, die dünne Oberfläche des schönen Scheins, aufzuzeigen. Besonders großartig gelingt das auch in einer weiteren Serie, den geshredderten Skiern.
Lois Hechenblaikner sammelt seit nunmehr zehn Jahren gegen Ende der Wintersaison die Teile geshredderter Skier. Man kann noch ihre bedeutungsstarken Namen lesen: Big Bang, Turbospeed oder Kamasutra, die siegreiche Abfahrten, Powererlebnisse, erotische Höhepunkte oder andere positive Ausnahmezustände suggerieren und die jenem Immer-noch-mehr-haben-Wollen genau entsprechen.
So wie Hechenblaikner die Skier fotografiert, stehen die verheißungsvollen Namen und Designs sogar im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dennoch: zugleich ist offensichtlich, dass diese Skier alle nur noch Müll sind, untaugliche Bruchstücke. Man sieht, dass sie lediglich aus lackiertem Holz oder ein paar Aluminium- oder Kunststoffschichten bestehen, ja wie profan sie eigentlich gemacht sind – wie sehr die Warenästhetik nur eine Applikation ist. So wird deutlich, dass die Konsumkultur nur um Placebo-Effekte bemüht ist und dass die Wirkversprechungen keine reale Basis, etwa in besonderen Werkstoffen besitzen.
Komischer und schlagender könnten die Fiktionswerte der Konsumkultur wohl kaum vorgeführt werden.
Auszüge von Prof. Dr. Wolfgang Ullrich, München